Beim Verdacht auf sexuelle Übergriffe an Schulen sind viele rechtliche, aber vor allem auch päda-
gogische sowie psychologische Fragen und Probleme zu berücksichtigen. Diese Handreichung enthält Informationen und Empfehlungen für den Umgang mit solchen Fällen sowie für die Planung und Durchführung präventiver Maßnahmen in der Schule. Nach der ersten Aufl age im Jahr 2010 wurden auf Bundes- und Landesebene viele neue Maßnahmen und Präventionsprojekte zur Bekämpfung sexueller Übergriffe angestoßen und einschlägige Gesetze geändert. All dies ist in der vorliegenden zweiten Aufl age berücksichtigt.
Sexuelle Übergriffe auf Kinder und Jugendliche ereignen sich meist im sozialen Nahbereich, etwa in der Familie, der Nachbarschaft, bei der gemeinsamen Freizeitgestaltung von Minderjährigen und Erwachsenen oder in Betreuungssituationen in Schulen und Internaten. So vielseitig die Beziehungen sind, so unterschiedlich sind die Signale, die auf einen möglichen Übergriff hinweisen. Eine eindeutige Zuschreibung von Symptomen oder eine einfache Anweisung zur Diagnose gibt es nicht.
Opfer sexueller Übergriffe schämen sich häufi g dessen, was geschehen ist, es ist ihnen peinlich
und manchmal halten sie es fatalerweise sogar für ihre eigene Schuld. Es fällt ihnen schwer, sich mitzuteilen und das Erlebte offenzulegen. Sexualdelikte an Kindern und Jugendlichen bleiben daher oft lange Zeit, mitunter Jahrzehnte, in manchen Fällen vielleicht für immer unentdeckt.
Auch wenn sich sexuelle Übergriffe auf Kinder und Jugendliche typischerweise im Verborgenen
ereignen und die Befangenheit des Opfers einer Entdeckung entgegenwirkt, besteht doch kein
Zweifel, dass diese Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung eine gravierende Traumatisie-
rung und seelische wie körperliche Verletzungen nach sich ziehen. Das schulische Lernen, das soziale Verhalten, die persönliche Stimmungslage und das gesundheitliche Befi nden können massiv beeinträchtigt werden (siehe auch Kap. 3.d).
Die vielfältigen individuellen Veränderungen und Symptome gilt es aufmerksam und sensibel wahrzunehmen. Eine Kultur des Hinsehens und Hinhörens muss Teil des Lebens und Lernens in der Schule sein.