Bündnis Gesamtschule
Gesellschaftlich notwendig – schulpolitisch vernachlässigt
In der Pressemitteilung vom 10.06.2019 schrieben wir von „Signalen aus der städtischen Schulpolitik (…) zum Nachteil der systematisch diskreditierten Gesamtschulen“. Mit Erschrecken nimmt das „Bündnis Gesamtschulen“ – aus Lehrer*innen, Elternvertreter*innen und Schüler*innen – zur Kenntnis, wie massiv innerhalb kurzer Zeit weitere Weichenstellungen zu Ungunsten der Gesamtschulen realisiert werden.
An zwei aktuellen Fällen zeigen wir auf, dass Gesamtschulen offenbar dringend notwendig sind – dabei aber schulpolitisch vernachlässigt und schlechter behandelt werden.
15% weniger für die Inklusion
Den Wiesbadener Integrierten Gesamtschulen werden erstmalig zum neuen Schuljahr 15% ihrer Schüler*innen rausgerechnet bei der Bemessung der Zuweisung von Förderlehrkräften. Die Anzahl der Schüler*innen einer Schule ist der maßgebliche Zuweisungsschlüssel.
Unabhängig von der Höhe des Abzugs in Prozent ist aber vielmehr die Tatsache ein Skandal, mit welcher Begründung dies geschieht. Bei den 15% handele es sich nämlich um die Gymnasialschüler*innen. Denn – so die schulpolitische Denklogik – an Gymnasien gebe es schlichtweg bestimmte Förderschwerpunkte qua Schulform gar nicht. Die sich daraus ergebene Zwei-Klassen-Inklusion wird nun nicht mehr nur schleichend zu Lasten der Gesamtschulen eingeführt. Nun wird sie auch mit harten Zahlen zu Lasten dieser untermauert.
Die eigentlich logische Folge aus dem schulpolitisch fatalen und falschen Denken weitestgehend inklusionsfreier Gymnasien wäre, die Gesamtschulen mit entsprechend mehr personellen Ressourcen auszustatten. Das genaue Gegenteil wird in Wiesbaden strukturell durchgeführt. Nach Antwort auf Anfrage des Bündnisses beim Staatlichen Schulamt, geht das Bündnis davon aus, dass diese Resssourcenverringerung für dieses Schuljahr 2019/20 auf alleiniger Entscheidung des Schulamts beruht. Die inklusive Schulbündnisse sind mit dieser Kürzung bisher nicht befasst worden.
Brüche in Schullaufbahnen
Das „Bündnis Gesamtschulen“ sieht im strukturellen Abschulen von Kindern vom Gymnasien in den Jahrgängen 5 und 6 erhebliche Probleme für die betroffenen Schüler*innen. Doch dies sind nicht die einzigen Schüler*innen, die von solchen Brüchen betroffen sind: An den Gesamtschulen Wilhelm-Leuschner-Schule und Hermann-Ehlers-Schule müssen offenbar komplett neue Klassen in den Jahrgängen 8 und 9 aufgemacht werden, um Schüler*innen aufzufangen, die an anderen Schulen ihren Abschluss nicht erreicht haben. Was das für das Selbstbewusstsein dieser jungen Menschen bedeutet, ist bereits einfach nachzuvollziehen. Dann aber auch noch nach einem Schulwechsel an eine andere Schulform in extra, zusätzlich eingerichteten Klassen aufgefangen werden, ist aus pädagogischer Sicht kaum mehr vertretbar.
Und auch hier scheint in der Denklogik der politischen Entscheider bei städtischem und staatlichen Schulamt in einer Art automatisierten Reaktionismus die Gesamtschule die Schulform zu sein, die auch dieses Problem schultern muss. Und auch der sonst so hoch gehängte Elternwunsch wird damit nach der Klasse 7 ein weiteres Mal konterkariert, wenn man im schleichenden, schulstrukturellen Prozess zur Zweigliedrigkeit nicht nur die Übergänge nicht mehr realisiert bekommt. Sondern durch Verschieben von Schüler*innen an eine einzelne andere als die gewählte Schulform (nämlich die Gesamtschule) diese erneut benachteiligt. Dass es auch an einem Gymnasium grundsätzlich möglich ist, weitere Abschlüsse neben dem Abitur zu erwerben, soll hier nur erwähnt werden, um den Problemverschiebereflex der Politik zu den Gesamtschulen zu verdeutlichen.
Das Bündnis Gesamtschulen befindet sich in der konkreten Planung für Aktionen und Veranstaltungen, um auf diese Problemlagen weiter aufmerksam zu machen. Hierzu werden wir weiterhin informieren.
Für Nachfragen und Kontakt zum Bündnis Gesamtschulen wenden Sie sich bitte an:
René Scheppler, r.scheppler@gew-wiesbaden.de, 0176-55555294
Katja Hillemann, Stadtelternbeirat – Schulformsprecherin IGS, igs@steb-wiesbaden.de
Pressemitteilung-Buendnis-Gesamtschulen-August-2019 (.PDF)
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