GEW: Rosenmontagspresseerklärung zu Stellenstreichungen in hessischen Grundschulen und Gymnasien

Heut geh‘ ich in der Stadt herum.
Da steht das Ministerium.
Es steht am schönen Platz Luise,
Doch was herauskommt, ist nur fiese.
Über Bildung – keinerlei Gedanken.
Die Schulen kriegen nur noch Schranken.
Im Ministerium sind die Technokraten,
Die dem Minister folgendes verbraten:
„Das mit der Bildung ist doch sehr gefährlich.
Da werden die Schüler nur begehrlich.
Am Ende kommen sie auf kritische Ideen.
Das wollen wir erst gar nicht sehen.
Anstatt noch kritische Gedanken zu erfahren,
Wollen wir mal besser sparen!“
Der Herr Minister nickt zu dieser Rede.
Und jetzt wird gespart wie blöde.
Jetzt unterschreibt er den Erlass.
Und für die Schulen wird’s voll krass.

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In der Grundschule sind nur kleine Kinder
Die sind nicht wichtiger als Rinder.
Die laufen doch nur auf dem Hof herum.
Da kümmern wir uns wen‘ger drum.
Die können ruhig noch mehr spielen.
Wenn wir nur einen Sparbeitrag erzielen.
Also: Da fliegen ein paar Stellen weg.
Der Rest, der schert uns einen Dreck.
Die Lehrerinnen bringen denen schon was bei.
Und nachmittags, da haben sie ja frei.
Und sind die Kinder gar aus fernen Ländern,
Dann können wir das auch nicht ändern.
Dann lernen die Kinder eben nicht,
Wie man in deutschen Landen spricht.
Das Ganze nennt sich Integration.
Das Ganze bleibt eine Vision.
Wir brauchen nur ein schönes Etikett.
Dann wird im Lande Hessen alles nett.
Und heult jetzt jemand in sein Taschentuch:
Die Kinder kriegen doch ein Bilderbuch!
Da ist ein schönes Bild, dabei steht dann das Wort.
Da zeigt man drauf und lernt dabei als fort!

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Und protestiert dann jemand: „Immer auf die Kleinen!“
Der soll gefälligst auch nicht weinen.
Wir holzen auch woanders rum.
Dazu gehen wir aufs Gymnasium.
Da gibt es doch die Oberstufe.
Die treten wir mit unserm Hufe.
Da sind die Schüler ja schon alt.
Machen Abitur gar bald.
Da streichen wir mal Stellen.
Auch wenn die heftig bellen.
Da machen wir die Kurse groß.
Die Schüler sitzen beieinander auf dem Schoß.
Das ist doch eine Kompetenz, und zwar sozial!
Denken tun wir ein andermal.
Und sind im Leistungskurs dann dreißig,
Dann sind die eben doppelt fleißig.
Die schreiben doch nur einfach ab, da seht,
Was alles an der Tafel steht!
Dazu brauchen die doch keine kleine Klasse.
Abschreiben können die als Masse.
Und der Gedanke ist apart:
Wieder haben wir Geld gespart.

×

So stets das Ministerium spricht.
Weiter kümmert uns das nicht.
Doch kommt jetzt noch das große ABER:
Das ist der Kern von dem Gelaber.
Jetzt heißt es: „Ihr habt das alles nicht kapiert!
Weil ihr nur immer lautstark protestiert!
Diese ganze Streichung hat doch einen Sinn!
Die Stellen kommen nur woanders hin!
Wir brauchen die ja anderswo ganz dringend!
Deshalb ist euer Lärm nicht zwingend!
Im Gegenteil, ihr seid gemein und wollt verhindern,
Dass es anderswo und andern Kindern
Am Ende mal ein bisschen besser geht.
Pfui, seid ihr hässlich, ja, da seht!“

×

So spricht ganz dreist das Ministerium.
Um diese Frage kümmern wir uns drum.
Da sagen wir: „Jeder muss zur Schule gehen.
Jeder muss auch eine schöne Schule sehen.
Dafür bezahlt die Regierung einfach mal mehr Geld.
Und Geld ist eben nicht die ganze Welt.
Die Welt sind Kinder, die sich freuen,
Und die wir in der Schule möglichst gut betreuen.
Das kostet eben mal ein bisschen mehr!
Doch der Erfolg kommt hinterher!
Aber dieser Trick: Die Stellen schieben wir von A nach B.
Das tut dann zwar ein bisschen weh.
Aber statt vor dem Ministerium laut zu schrein,
Prügeln die dann aufeinander ein.
Eben dieser ganze Ministeriumsmist,
Der ist aus der Klamottenkist.
Divide et impera, das kannten schon die alten Römer.
Teile und herrsche, was der Deutsche sagt, ist auch nicht schöner.
Spalte und versöhne nicht!
Das ist der Text, den die Regierung spricht!
Darauf fallen wir nicht rein!
Wer so handelt, ist gemein!“

Zum Hintergrund

Angesichts der Sparbeschlüsse der Landesregierung, die vor allem Grundschulen und Gymnasien treffen, hat die GEW erklärt:

Die gekürzten Zuweisungen des Schuljahres 2015/2016 an Grundschulen und Gymnasien haben zu erhebliche Verschlechterungen durch den Abbau von Stellen in diesen Schulformen geführt:

An den Grundschulen ist dies ein Angriff auf eine inklusive Schulstruktur. Es ist die faktische Verweigerung der Möglichkeit, schnell und flexibel auf den Unterstützungsbedarf einzelner Kinder einzugehen. Und das in einer Zeit, in der die Aufgaben nicht geringer werden. Jungen Menschen, traumatisiert und ohne Sprachkenntnis, ist ihr Recht auf Bildung zu geben. Wir wollen sie gut aufnehmen. So beginnt ein Mehrbedarf in den Bereichen Deutschförderung, Ganztag, Sozialindex und inklusive Beschulung nicht erst in der weiterführenden Schule. Schon aus diesem Grund geht es an der Sache vorbei, in einem anderen Teil des Bildungssystems (Grundschule und Gymnasium) für diese Umschichtung  Stellen einzusparen.

Durch die Kürzungen kann in den gymnasialen Oberstufen des Landes Hessen eine sinnvolle Abiturvorbereitung nicht mehr geleistet werden. In den Oberstufen müssen Kurse gestrichen werden – etwa kleine Leistungskurse in einem naturwissenschaftlichen Fach – andere Kurse hingegen sind übervoll. Beides steht einem gedeihlichen Lernklima entgegen.

Deutschland, das Land mit den hohen Ansprüchen und schlechten Voraussetzungen. Wenn in naturwissenschaftlichen Fächern – etwa in Chemie – keine Leistungskurse mehr angeboten werden können, wird man das nicht nur im Hinblick auf den Wirtschaftsstandort bedauern. Auch Grundkurse in den Fächern Deutsch oder Mathematik können nicht endlos weiter aufgebläht werden. Es handelt sich um Grundlagenfächer; also Fächer, die im Abitur als obligatorische, schriftliche oder mündliche Prüfungsfächer vorgesehen sind.

Nicht Kürzung, sondern Ausbau und Ausgestaltung des Angebots und Ausdehnung der Kombinationsmöglichkeiten an den Oberstufen ist das Gebot der Stunde!

Für Bildung muss mehr Geld in die Hand genommen werden. Sonntagsreden und Verschiebebahnhöfe helfen nicht, sondern nur die Rücknahme der Stellenkürzungen und die ausreichende Zuweisung neuer Stellen.“