Von ca. 80 staatlichen Schulen in Wiesbaden sind 30 ohne vollständige Schulleitung, dh. knapp 40% der Schulleiter- und Stellvertretenden Schulleiter*innenstellen sind nicht besetzt.
So sieht es in den einzelnen Schulformen in Wiesbaden aus:
17 Schulen in Wiesbaden und dem Rheingau-Taunus-Kreis sind ohne Schulleitungen. Bei 27 Schulen fehlt die stellvertretende Schulleitung. Die Zeiträume der Vakanzen sind teils mehrjährig und gehen bis ins Jahr 2017 zurück.Nicht erst seit der Corona-Krise ist deutlich geworden, welche enormen Belastungen und Aufgabenfülle auf den Schultern von Schulleitungen lasten. Die Herausforderungen auf mehrere Schultern verteilen zu können, ist bereits in kleineren Systemen essenziell – in größeren Schulen unverzichtbar. Jeder Ausfall – selbst über wenige Tage – in der Schulleitung ist in Schulen unmittelbar spürbar. Abläufe sind gestört, Aufgaben bleiben liegen, die Belastung im verbleibenden Leitungsteam steigt massiv. Diese und die damit verbundene Stimmung beeinflussen letztlich das ganze Schulleben. Zermürbend ist allerdings ebenso der Weggang eines Schulleitungsmitglieds (durch Pensionierung, Versetzung oder andere Gründe) und die anschließende Phase der Ungewissheit, wann die Stelle wieder besetzt und nach Einarbeitung belastbar arbeitsfähig ist. Dass solche Vakanzen dann über Monate und gar Jahre bestehen, wurde nun durch die Antwort des Kultusministeriums auf eine Anfrage der SPD-Fraktion im hessischen Landtag deutlich (Drucksache 20/9980). Die GEW-Fraktion im Gesamtpersonalrat Schule am Staatlichen Schulamt in Wiesbaden kennt diese Problematik schon lange. Seit Jahren drängt er unermüdlich auf die rasche Besetzung offener Schulleitungs- und Stellvertretungsstellen. „Jeder einzelne Fall von unbesetzten Schulleitungsstellen oder deren Stellvertretungen ist für uns Anlass, das Staatliche Schulamt zu raschem Handeln zu drängen, da wir wissen, was dies Tag für Tag vor Ort an den Schulen bedeutet und uns dies von den Kolleg*innen teils flehentlich berichtet wird“, schildert die Vorsitzende des Gesamtpersonalrats Manon Tuckfeld die Situation. Besonders problematisch ist aus Sicht der GEW-Fraktion im Gesamtpersonalrats, dass absehbare Vakanzen nicht frühzeitig zur Ausschreibung und erfolgreichen Nachbesetzung gebracht werden: „Die Gesetzeslage gibt her, dass ein Jahr vor der Vakanz neu ausgeschrieben wird, und seitens der Personalvertretung betrachten wir dies als verantwortungsvolle Schulaufsicht, solche Wechsel in Schulleitungen rechtzeitig und möglichst nahtlos zu gewährleisten.“Die Auswertung der in der Ministeriumsauskunft genannten Schulen in Wiesbaden zeigt, dass insbesondere Gymnasien und Förderschulen betroffen sind: 50% von ihnen sind jeweils von einem Ausfall in der Schulleitung oder Stellvertretung betroffen. Über alle Schulformen hinweg sind über ein Drittel aller Schulen ohne vollständige Schulleitung. Betont werden muss dabei, dass die Anfrage der SPD nur die Schulleitungen und Stellvertretungen betrifft – das Schulleitungsteam umfasst aber oft noch weitere Personen wie Abteilungs- oder Stufenleitungen, bei denen auch jede unbesetzte Stelle in den Schulen sofort spürbar ist.Unvorhersehbare Ereignisse wie Corona erfordern, ebenso wie sich am Horizont bereits deutlich abzeichnende Herausforderungen, handlungsfähige Schulleitungsteams, die ausreichend personalstark sind, um sich diesen zu stellen. „Ohne vollständig besetzte Schulleitungsstellen wird nicht nur im Schulalltag das Kollegium über Gebühr belastet. Auch dringend erforderliche konzeptionelle Weiterentwicklungen, um Schulen an neue Rahmenbedingungen wie die Digitalisierung oder den Fachkräftemangel anzupassen, bleiben ohne Schulleitungen, die als Visionäre Schule immer wieder neu und anders denken, auf der Strecke“, sagt Isabel Buchberger, Vorsitzendes des Wiesbadener Stadtelternbeirates. Da der Mangel an Fachkräften nicht nur die Lehrer und Lehrerinnen betrifft, sondern auch die Personalsachbearbeiter in den für die Besetzung zuständigen Behörden, fordert der Wiesbadener Stadtelternbeirat, dass die Besetzungsverfahren von Leitungspositionen in den Schulen stärker priorisiert werden müssen. „Die offenen Schulleitungspositionen müssen für Bewerber attraktiver gestaltet werden, um die Bewerberzahlen zu erhöhen. Sorgfalt beim Auswahlverfahren ist für das Finden geeigneter Kandidaten sicherlich geboten, doch sollten arbeits- und beamtenrechtliche Vorgaben nicht dazu führen, dass Vergabeverfahren sich zum Teil über Jahre hinziehen. Jahre, in denen Schulen in ihrer Handlungsfähigkeit gelähmt sind“, so Buchberger weiter. Nicht nur das Kollegium, sondern auch die Elternschaft benötigt eine funktionierende Schulleitung als Ansprechpartner und um Vertrauen in die Institution Schule aufbauen zu können. Für die Problemlage der Schulleitungsstellen bleibt das Kultusministerium die verantwortliche Stelle. Die GEW-Fraktion im Gesamtpersonalrat begrüßt hingegen das mit der Neubesetzung der Schulamtsleitung in Wiesbaden und im Zuge der eklatanten Stellenbesetzungssituation bei den Stellvertretungen nun erkennbar intensivierte Agieren des Staatlichen Schulamts, die Stellenbesetzungsverfahren ordnungsgemäß und rechtzeitiger auf den Weg zu bringen und deren Abläufe zu priorisieren – worauf alle Fraktionen im Gesamtpersonalrat schon immer gedrängt hatten. „Der Abbau der angehäuften Fälle wird absehbar noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Seitens der Personalvertretung freuen wir uns nun aber über die positiven Signale und auch bereits ersten konkreten Umsetzungserfolge zu Gunsten der betroffenen Schulen“, so Manon Tuckfeld für den Gesamtpersonalrat, der im Rahmen seiner Zuständigkeiten und Beteiligung bei den stellvertretenden Schulleitungen die Prozesse weiter im Sinne der Schulen eng begleiten wird. |
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